Die Nacht, in der alles auf dem Spiel stand
Es war 22:47 Uhr.
Das blaue Licht der Monitore tauchte das Zimmer in eine unruhige Stille. Nur das leise Klacken der Tastatur durchbrach den Rhythmus meines Herzschlags.
Ich saß vor dem Chart, der aussah wie ein EKG – steigend, fallend, lebendig.
Auf dem Tisch: kalter Kaffee, drei Energy-Dosen, ein zerknitterter Zettel mit Zahlen, die längst keinen Sinn mehr ergaben.
Und auf dem Bildschirm: mein letzter großer Trade.
Der Countdown
Ich wusste, dass es Wahnsinn war.
Die Position war viel zu groß, der Hebel zu hoch. Aber irgendwas in mir flüsterte: Diesmal klappt’s.
Die Sekunden liefen. Der Markt bewegte sich kaum.
Dann, plötzlich, ein Sprung. Ein Ausschlag.
Grün. Noch grüner.
Mein Herz raste.
Ein Klick – ich war 2.000 € im Plus.
Ich atmete nicht. Ich existierte nur in Zahlen.
Die Versuchung
Ich hätte verkaufen können.
Sofort. Einfach die Position schließen, Gewinn sichern, Licht ausmachen, schlafen gehen.
Aber nein – der kleine Teufel in mir flüsterte: Nur ein bisschen mehr. Nur ein kleiner Move noch.
Also blieb ich drin.
Und der Kurs drehte.
Der Absturz
Erst langsam. Dann brutal.
Grün wurde Grau, dann Rot.
Die Zahlen verschwammen. Meine Hände wurden kalt.
Ich klickte. Zu spät.
Mein Plus war weg.
Dann mein Einsatz.
Dann das, was eigentlich „Reserve“ hieß.
Ein Margin Call blinkte auf wie ein rotes Warnsignal im Cockpit eines sinkenden Flugzeugs.
Der Moment danach
Ich lehnte mich zurück.
Die Monitore flackerten, als wollten sie mich auslachen.
Ich sah mich selbst im schwarzen Spiegel des Bildschirms – blass, müde, aber seltsam ruhig.
Das war der Punkt, an dem ich verstand:
Trading ist kein Kampf gegen den Markt.
Es ist ein Tanz mit dem Abgrund.
Und manchmal verlierst du, einfach weil du zu lange tanzt.
Ich speicherte den Screenshot des Kontostands.
Nicht, um ihn zu posten.
Sondern, um mich zu erinnern.
Denn jeder Trader hat seine Nacht.
Seine eine Nacht, in der alles auf dem Spiel steht.
Und wenn man Glück hat, verliert man nur Geld – und nicht sich selbst.
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